Die Landesvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Jutta Kühl, und ihr Stellvertreter Sven Picker haben gemeinsam mit dem Landesvorsitzenden des Deutschen Mieterbundes (DMB) Jochen Kiersch und dem Geschäftsführer Carsten Wendt am Freitag, 16. Februar, auf einer Pressekonferenz im Landeshaus den Startschuss zu einer Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum in Schleswig-Holstein gegeben. Ziel ist es, das Recht auf bezahlbaren und angemessenen Wohnraum in der Landesverfassung zu verankern. Von jetzt an haben beide Verbände ein Jahr Zeit, um 20.000 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern Schleswig-Holsteins zu sammeln und anschließend dem Landtagspräsidenten zu übergeben. Ist das Quorum erfüllt, muss sich der Landtag mit dem Anliegen der Volksinitiative befassen.
Konkret beantragen SoVD und DMB in die Landesverfassung einen Artikel 13a aufzunehmen. Wortlaut:
Angemessene Wohnung
1) Jeder Mensch hat das Recht auf eine angemessene Wohnung. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum, insbesondere durch Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus, durch Mieterschutz und Mietzuschüsse.
2) Die Räumung einer Wohnung darf nur vollzogen werden, wenn Ersatzwohnraum zur Verfügung steht. Bei einer Abwägung der Interessen ist die Bedeutung der Wohnung für die Führung eines menschenwürdigen Lebens besonders zu berücksichtigen.“
Hintergrund der Volksinitiative ist die dramatische Situation auf dem Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein. Der aktuelle Bestand an bezahlbaren Wohnungen ist viel zu gering. Von ehemals circa 220.000 öffentlich geförderten Wohnungen in Schleswig-Holstein sind im Jahr 2017 lediglich etwa 47.000 geblieben. Die Obdachlosigkeit steigt kontinuierlich an. Derzeit leben rund 10.000 Menschen in unserem Bundesland ohne Obdach – Tendenz rasant steigend.
Die Aufnahme des Staatsziels auf bezahlbaren und an gemessenen Wohnraum in die Landesverfassung unterfüttern SoVD und DMB mit konkreten Forderungen zur Verbesserung der Wohnsituation in Schleswig-Holstein:
– Zusätzlicher Bau von 8.000 preisgünstigen, geförderten Wohnungen pro Jahr.
– Mehr barrierefreie Wohnungen für Senioren und Menschen mit Behinderung
– Nachbesserungen bei der bisher weitgehend wirkungslosen Mietpreisbremse
– Kein Leerstand von Wohn- und Gewerberäumen durch Erlass einer Zweckentfremdungsverordnung
– Förderung von Neugründungen kommunaler Wohnungsbaugesellschaften mit
Landesmitteln.
Jutta Kühl sagte auf der Pressekonferenz: „Als Verbände können wir keine Gesetze machen, geschweige denn durchsetzen. Was wir aber machen können, ist politischen Druck aufbauen. Und hier ist eine Volksinitiative das stärkste Instrument, das uns zur Verfügung steht. Wir hoffen, dass uns viele Menschen mit ihrer Unterschrift unterstützen. Je mehr Unterschriften zusammenkommen, desto größer wird der Druck auf die politisch Verantwortlichen endlich zu handeln, um die mittlerweile unhaltbare Situation auf dem Wohnungsmarkt zu entschärfen.“
Sven Picker legte sein Augenmerk speziell auf die Wohnsituation von Menschen mit Behinderung: „Das Wort Inklusion ist zurzeit in aller Munde. Wenn es aber um konkrete Schritte bei der Umsetzung geht, gibt es nach wie vor große Schwierigkeiten. Dies gilt sowohl für den Arbeits-, als auch immer mehr für den Wohnungsmarkt. Gerade Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer haben Probleme, eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene und auch für den kleineren Geldbeutel bezahlbare Wohnung zu finden. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden.“ Jochen Kiersch sagte: „Die Probleme auf dem schleswig-holsteinischen Wohnungsmarkt sind größtenteils hausgemacht. Sie sind die unmittelbare Folge des Verkaufes kommunaler Wohnungsbaugesellschaften an renditeorientierte Finanzinvestoren, der gewollten Reduzierung des Sozialwohnungsbestandes und der viel zu geringen Neubautätigkeit. Es mangelte den Wohnungspolitikern offenkundig an Weitsicht, denn die Folgen waren vorhersehbar. Mit der Aufnahme des Rechtes auf eine angemessene Wohnung in die Landesverfassung gewinnt Wohnungspolitik eine höhere Priorität und die wird dringend benötigt – auch als eindringliche Mahnung für mehr Nachhaltigkeit.“
Carsten Wendt betonte: „Angesichts der aktuellen Entwicklung am Wohnungsmarkt ist es unerlässlich, das Gut des angemessenen und bezahlbaren Wohnraums mit Verfassungsrang auszustatten. Die Anzahl bezahlbarer Wohnungen nimmt rasant ab, wohingegen die Nachfrage nach solchen Wohnungen nicht zuletzt wegen der immer weiter auseinanderklaffenden Einkommensschere stetig ansteigt. Es gilt deutlich zu machen, wie fundamental das Bedürfnis angemessenen Wohnens für jeden Einzelnen ist.“.
Quelle: PM der DMB und des SoVD vom 16.2.2018
Schlagworte:
Akteure, News-Blog Schleswig-Holstein, SDG 2030, Wohnbau-Politik