Der Deutsche Bundestag hat am 18. Juni 2020 das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in dritter Lesung beschlossen. Mit dem Gesetz führt der Bund die bereits bestehenden Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV), des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) und des Energieeinspargesetzes (EnEG) zusammen. Für das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm Zukunft Altbau sind die Vorgaben des neuen Gesetzes zu wenig ambitioniert. Klimafreundliches Bauen und Sanieren flächendeckend auf den Weg zu bringen sei so künftig nicht möglich. „Der Gesetzgeber hat es verpasst, anspruchsvollere Standards einzuführen“, sagt Frank Hettler von Zukunft Altbau. „Für einen zukunftsfähigen Gebäudebestand in Deutschland sind diese aber dringend notwendig, um die Klimaziele zu erreichen.“ Das GEG wird nun dem Bundesrat zugeleitet, der jedoch nicht zustimmungspflichtig ist, und soll bis Ende des Jahres in Kraft treten.
Das Gebäudeenergiegesetz führt die bisher uneinheitlichen Vorgaben für die energetischen Anforderungen an Bestandsgebäude und Neubauten sowie den Einsatz von erneuerbaren Energien zusammen. „Die Chance zur Vereinfachung, Entbürokratisierung und zur Berücksichtigung von klimapolitischen Notwendigkeiten wird leider nicht genutzt“, kritisiert Hettler. „Mit dem GEG ändert sich für Gebäudeeigentümer fast nichts. Das ist ein Problem: Die klimapolitischen Ziele von Bund und EU, wie auch das Pariser Klimaabkommen der UN, können so nicht erreicht werden. Die von der Bundesregierung im Klimaschutzplan 2050 definierten Ziele für den Gebäudesektor werden mit den gesetzlichen Vorgaben verfehlt, wenn sich Sanierungswillige daran orientieren.“
Wichtige Weichenstellung verpasst
Will Deutschland die selbst gesetzten Klimaschutzziele erreichen, müssen Neubauten und Sanierungen energetisch deutlich besser werden, als es das GEG fordert. Sonst drohen neben dem erforderlichen Kauf von CO2-Zertifikaten und hohen Ausgleichszahlungen an vorbildlichere EU-Nachbarländer auch jahrzehntelange Lock-in-Effekte. Denn: Wurden zu geringe Dämmstärken erst einmal verbaut, können sie nicht mehr wirtschaftlich nachgebessert werden. Nach gesetzlichen Vorgaben gebaute oder sanierte Gebäude müssten daher unverhältnismäßig früh erneut saniert werden, um zukunftsfähigen Standards und Klimaschutzvorgaben zu genügen. Werden sie hingegen nicht saniert, bedeutet das für die Eigentümer langfristig hohe Ausgaben in Form von Energiekosten und CO2-Bepreisung.
Die nächste Überprüfung des GEG erfolgt, entsprechend der europarechtlichen Vorgaben, erst wieder im Jahr 2023. Erst dann sollen die energetischen Standards von Wohn- und Nichtwohngebäuden wieder weiterentwickelt werden. Im Klartext handelt es sich dabei um eine weitere Verzögerung um mehrere Jahre. Diese langen ungenutzten Zeiträume in Kombination mit den zu niedrig gewählten Minimalstandards – speziell bei Sanierungen –sind bei weitem nicht auskömmlich, um einen angemessenen Beitrag des Gebäudesektors zur Abwendung der Klimakrise zu leisten.
Bessere Förderung gibt wichtige Unterstützung
Gebäudeeigentümer sollten sich daher nicht nur an die GEG-Vorgaben halten, sondern Neubau und Sanierung zukunftsorientiert anpacken, empfiehlt Hettler. Hilfreich sind dabei die seit diesem Jahr stark verbesserten finanziellen Fördermittel, beispielsweise der Förderbank KfW. Sie kompensieren in der Regel die entstehenden Mehrkosten bei Baumaßnahmen an der Gebäudehülle. Für den Austausch von Heizungsanlagen – speziell noch vorhandene Ölheizungen – vergibt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) seit Jahresbeginn umfangreiche finanzielle Förderungen, wenn erneuerbare Energien eingesetzt und gesetzliche Standards übertroffen werden.
Fazit: Wer auf ambitionierte, individuell passende Energiekonzepte setzt, fährt auf lange Sicht günstiger – und schont zusätzlich das Klima, rät Hettler. Entsprechend dieser Maßgabe ist es empfehlenswert, bei Neubauten mindestens den KfW-Effizienzhausstandard (EH) 40 und bei umfangreichen Sanierungen mindestens EH 55 als Standard zu Grunde zu legen. Zur einfacheren Einbindung von lokalen erneuerbaren Energieträgern wie Erdwärme oder Solarthermie gehört auch eine Umstellung auf Niedertemperatur-Heizsysteme – sofern keine Restriktionen wie Denkmaleigenschaften dagegensprechen.
Neutrale Informationen zu Fragen rund um die energetische Sanierung gibt es auch kostenfrei am Beratungstelefon von Zukunft Altbau unter 08000 12 33 33 (Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr) oder per E-Mail an beratungstelefon(at)zukunftaltbau.de.
Aktuelle Informationen zur energetischen Sanierung von Wohnhäusern gibt es auch auf
www.zukunftaltbau.de
Hintergrund
Zukunft Altbau informiert Wohnungs- und Gebäudeeigentümer neutral über den Nutzen einer energetischen Sanierung und wirbt dabei für eine qualifizierte und ganzheitliche Gebäudeenergieberatung. Das vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm berät gewerkeneutral, fachübergreifend und kostenfrei. Zukunft Altbau hat seinen Sitz in Stuttgart und wird von der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg umgesetzt.
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