Ein Forschungsprojekt von natureplus mit dem IFEU vergleicht Dämmstoffe hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen im ganzen Lebenszyklus, einschließlich Verwertung und Recycling.
Welcher Dämmstoff ist der beste? Diese Frage ist im Bauwesen äußerst beliebt und kann letztlich nur im Zusammenhang mit der jeweiligen Konstruktion beantwortet werden. Insbesondere fehlte es bislang an einer ganzheitlichen Übersicht, die Bauherren und Planer in die Lage versetzt, die Stärken und Schwächen der verschiedenen Dämmstoffalternativen in ihrer Ökobilanz zu erkennen und dabei die anschließende Entsorgung nicht außer Acht lassen zu müssen. Eine solche Untersuchung wurde Ende 2019 vom ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg) und dem natureplus e.V. vorgelegt. Ihr Forschungsprojekt „Ganzheitliche Bewertung von verschiedenen Dämmstoffalternativen“ wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (dbu) und vom Umweltministerium Baden-Württemberg gefördert. Es soll am 21. Februar im Rahmen des Wiener BauZ!-Kongresses erstmals vorgestellt werden.
Von der Wiege bis zur Bahre
Mit dieser Studie wurde eine umfassende ökologische Bewertung von Dämmstoffalternativen insbesondere im Hinblick auf mögliche zukünftige Entsorgungswege der Dämmstoffe (von der „Wiege bis zur Bahre“) durchgeführt. Bewertet wurden die gängigsten Dämmstofftypen auf Basis mineralischer, nachwachsender und synthetischer Rohstoffe, verglichen wurde ihre Anwendung in unterschiedlichen Bauteilen zur Erfüllung vorgegebener Anforderungen hinsichtlich des Wärme- und Kälteschutzes. Die Ökobilanzdaten der Dämmstoffe für die Herstellungsphase wurden nach der Recherche verschiedener Datenbanken vom natureplus-Partner IBO Wien übernommen. Anschließend wurden vom ifeu die Abfallökobilanzen erstellt, bei denen neben den Aufbereitungslasten auch die jeweiligen Nutzeneffekte durch die Sekundärprodukte bzw. Energiegewinnung quantifiziert und in die Bilanzierung einbezogen wurden. Für jeden Dämmstoff erfolgte eine Ermittlung der aus ökologischer Sicht günstigsten Entsorgungsoption. Diese Entsorgungsoptionen wurden in die Produktökobilanzen einbezogen und zudem die endgültige Beseitigung des Dämmstoffmaterials berücksichtigt.
Stoffliche Verwertung findet kaum statt
Aus den Abfallökobilanzen aller Dämmstoffe zeigen sich in den meisten Fällen die spezifischen Vorteile einer stofflichen Verwertung und damit der Sinn einer Rückführung der Abfallmassen in den Wirtschaftskreislauf. Die aufbereiteten Altmassen aus den Dämmstoffen können zu (anderen) Produkten weiterverarbeitet oder auch als Rohstoff in die ursprüngliche Produktion zurückgeführt werden. Insbesondere die stoffliche Verwertung von synthetischen und manchen mineralischen Dämmstoffen verkleinert signifikant den ökologischen Rucksack, den diese Produkte aus der Produktionsphase mitbringen. Auch bei Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen macht eine stoffliche Verwertung zumeist Sinn, wenngleich ihr Einsatz als Ersatzbrennstoff in Zementwerken aus Sicht des Klimaschutzes derzeit noch vorteilhafter ist, solange dort stattdessen Steinkohle verfeuert wird. Die stoffliche Verwertung der Dämmstoffe wird in der Praxis jedoch erst vereinzelt oder zu Forschungszwecken praktiziert. Daher kommt der Bericht zu dem Schluss, die Forschung und Entwicklung möglicher stofflicher Verwertungen sollte in der Industrie und im Bereich der Abfallentsorgung vorangetrieben werden.
Im Ergebnis Vorteile für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen
Wenn am Produktlebensende – entgegen der heutigen Praxis – eine stoffliche Verwertung erfolgt, schneiden Einblasdämmstoffe sowie flexible Matten auf Hanf- oder Jutebasis am besten ab, sofern alle Dämmstofftypen eingesetzt werden können, darauf folgen Polystyrol-EPS-Platten und Holzfasermatten. Dort wo, wie z.B. auf der Außenwand, nur plattenförmige Dämmstoffe eingesetzt werden können, schneidet EPS am besten ab, sofern das EPS derart stofflich verwertet wird, dass in einer Folgeanwendung EPS-Kügelchen eingespart werden.
Wenn die Entsorgung am Lebensende wie im Status Quo erfolgt und der energetische Nutzen bei der Abfallverbrennung eingerechnet wird, bleiben die o.g. Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen führend, jedoch verschlechtert sich Polystyrol und verbessern sich im Trockenverfahren hergestellte Holzfaser-Dämmplatten, die an der Außenwand sogar an die erste Stelle rücken. Ohne Anrechnung des energetischen Nutzens verlieren Holzfaserplatten und EPS-Dämmstoffe ihre Vorteile gegenüber anderen platten- und mattenförmigen Dämmstoffen.
Quelle: natureplus, Pressemitteilung, 21.1.2020
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Baustoffe / Konstruktion, Beschaffung, DE-News, Forschung, Klimaschutz, NaWaRohs, Nachhaltiges Wirtschaften, Neue Bücher und Studien, Recycling, Ressourceneffizienz, Wärmedämmung, Ökobilanz