Dezentral erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien kann bilanziell und perspektivisch den Bedarf an elektrischer Energie in Bayern decken. Das ist das Ergebnis einer gemeinsam angelegten Studie der Netzbetreiber Bayernwerk Netz GmbH (Bayernwerk), LEW Verteilnetz GmbH (LVN) und Main-Donau Netzgesellschaft. Die Bayerischen Stromnetzbetreiber haben analysiert, welche Entwicklungspfade hinsichtlich der regenerativen Stromerzeugung für Bayern möglich sind und ob Klimaneutralität im Stromsektor erreicht werden kann. Wissenschaftlich begleitet wurden die Netzbetreiber dabei von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V.
Studie beschreibt vier Szenarien
Die aktuelle Untersuchung knüpft an die Vorgängerstudie aus dem Jahr 2015 an und beschreibt die zukünftige Entwicklung der regenerativen Stromerzeugung in Bayern. In vier Szenarien liegen in hoher regionaler Auflösung die Prognosen für Wind und Photovoltaikanlagen auf Gebäuden sowie Freiflächen vor. Die beiden Szenarien „Vernetzung“ und „Regionale Erzeugung“ richten den Blick bis in das Jahr 2060 und gehen von einer vollständigen Klimaneutralität der Stromerzeugung in Bayern aus. Dies erfordert einen erheblichen Zubau an Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Eine CO2-neutrale Stromversorgung lässt sich hingegen nicht erreichen, wenn der Zubautrend der letzten drei Jahre lediglich fortgeschrieben (Szenario Trend) oder der aktuelle bundespolitische Rahmen (Szenario Politik) zugrunde gelegt wird.
Verteilnetze als Rückgrat einer dezentralen Energieversorgung
„Wir brauchen noch mehr Dynamik beim Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, wenn wir die Idee einer klimaneutralen Energieversorgung erreichen wollen“, sagt Egon Westphal, technischer Vorstand des Bayernwerks. „Den Verteilnetzen kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Sie werden auch in Zukunft das stabile Rückgrat einer dezentralen Energieversorgung sein. Darauf können sich die Menschen in Bayern verlassen“, so Dr. Egon Westphal.
Neben der weiteren Integration der erneuerbaren Anlagen in das Stromnetz wird auch die absehbar zunehmende Beanspruchung der Stromnetze im Zuge neuer Anwendungen wie der Elektromobilität eine zentrale Aufgabe bleiben. Durch Netzausbau, den Einsatz innovativer Technologien sowie der Digitalisierung und Flexibilisierung in Erzeugung, Verbrauch und Speicherung sehen die Verteilnetzbetreiber sich für diese Aufgaben gut gerüstet. „Wir können den notwendigen Netzausbau zusätzlich optimieren, wenn wir auf Flexibilitätsoptionen in Erzeugung, Verbrauch und Speicherung netzdienlich zugreifen können“, erklärte Dr. Egon Westphal. Zudem werden die Verteilnetzbetreiber ihre Zusammenarbeit weiter intensivieren, um auch in Zukunft einen sicheren und effizienten Betrieb der Stromnetze sicherstellen zu können.
2060 kann in Bayern Ökostromerzeugung den Verbrauch übersteigen
Einen besonderen Stellenwert mit Blick auf die klimapolitischen Ziele haben die beiden Szenarien „Vernetzung“ und „Regionale Erzeugung“. Das Vernetzungsszenario setzt dabei einen starken bundesweiten Stromaustausch über Leitungen voraus – im Hinblick auf Kostenoptimierung unter heutigen Bedingungen das ökonomischste Szenario. Im Szenario „Regionale Erzeugung“ wird hingegen Ökostrom bevorzugt vor Ort in Bayern erzeugt. In beiden Szenarien werden 2030 bereits rund 60 TWh grüner Strom erzeugt, 2060 sind es rund 85 TWh. Schreibt man den aktuellen Stromverbrauch fort, ließe sich mit dieser Menge 2030 rechnerisch rund 80 Prozent des Stromverbrauchs decken. 2060 produzieren die bayerischen Ökostromanlagen dann deutlich mehr Strom als verbraucht wird. Perspektivisch steht damit genügend regenerativer Strom für die Elektrifizierung neuer Anwendungen wie Elektromobilität, Ausbau von Wärmepumpen oder Power-to-X Maßnahmen zur Verfügung.
Starker Zuwachs von Photovoltaik
Ein wichtiger Baustein ist in beiden Szenarien der starke Zubau von Photovoltaikanlagen: Die installierte PV-Leistung auf Gebäuden erhöht sich von aktuell 9.500 MW auf 21.100 MW im Jahr 2030 bzw. 32.400 MW im Jahr 2060. Im Vernetzungsszenario verzeichnen zudem die Freiflächenanlagen einen deutlichen Zuwachs, von aktuell 3.000 MW auf 10.000 MW (2030) bzw. 25.200 MW (2060). Während im Regionalszenario der Zubau an Freiflächenanlagen etwas verhaltener ausfällt, kommt hier der Windkraft eine wichtigere Rolle zu. Das Szenario beschreibt einen Zubau der Windkraft von aktuell 2.800 MW auf 5.700 MW (2030) bzw. 9.300 MW (2060).
Windkraft mit regionalen Schwerpunkten
Im Regionalszenario erfolgt der stärkste Zubau von Windkraftanlagen mit +1.500 MW in Unterfranken. Es müssen aber auch Standorte in den südlichen Regierungsbezirken (Niederbayern: +1.200 MW und Schwaben: +1.100 MW) erschlossen werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen. In den anderen Regierungsbezirken beträgt der Zubau zwischen 550 und 650 MW. Im Gegensatz zur Windkraft verteilt sich der Zubau von Freiflächenanlagen gleichmäßiger auf alle Regierungsbezirke. Mit 2.300 MW der größte Zubau entfällt auf den größten Regierungsbezirk, Oberbayern.
Im Bayernwerk-Netz heute schon zu mehr als 60 Prozent Erneuerbare
In das Bayernwerk-Netz speisen knapp 300.000 Anlagen Strom aus erneuerbaren Energien ein, zumeist aus Photovoltaik. Im Summe haben diese Anlagen eine Leistung von nahezu 9.000 Megawatt. So transportiert das Bayernwerk in seinen Netzen heute schon zu mehr als 60 Prozent regenerative Energie. Die wichtigsten Energieträger sind dabei die Photovoltaik, Wasserkraft, sowie Biomasse. Wind spielt eine untergeordnete Rolle.
Quelle: PM der Bayernwerk et al. vom 28.11.2019
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