Forderungspapier des Bündnis Junge Genossenschaften Berlin vom 9. März 2018
Um den Bau preiswerter Wohnungen voranzubringen, hat sich in Berlin 2017 ein Bündnis Junger Genossenschaften gegründet. „Wohnungsgenossenschaften sind seit weit über 100 Jahren ein Eckpfeiler des sozial verantwortungsvollen und preiswerten Wohnungsmarkts in Berlin“, stellt der Genossenschaftsvorstand der Bremer Höhe und Bündnissprecher Ulf Heitmann fest. „Um allein den Anteil genossenschaftlichen Wohnraums von derzeit rund zwölf Prozent zu halten, müssten angesichts des rasanten Bevölkerungswachstums in den kommenden Jahren mehr als 20.000 Genossenschaftswohnungen gebaut werden“, rechnet Heitmann vor.
Die kooperative Baulandentwicklung in Berlin hält das Bündnis außerdem für gescheitert: Um beim Neubau die Mieten für ein Drittel der Wohnungen zu drücken, werde der Preis für die übrigen zwei Drittel noch weiter nach oben getrieben – mit fatalen Folgen für den Gesamtmarkt.
Vor allem kleine und mittlere Genossenschaften, die erst seit wenigen Jahren am Markt operierten, würden außerdem – anders als der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag in der Hauptstadt verspreche – systematisch ausgebremst: „Die jungen Genossenschaften haben nicht das nötige Eigenkapital für die Finanzierung von überteuerten Grundstücken und für den Bau. Im Ergebnis müssten Interessenten höhere Einlagen mitbringen – was das genossenschaftliche Bauen trotz niedriger Zinsen unattraktiv macht.“ Angesichts der nach oben schnellenden Grundstückspreise in Berlin fordert das neue Bündnis Junge Genossenschaften völlig neue Vergabeverfahren und Finanzierungsinstrumente.
Gute Idee statt noch mehr Geld
Dazu gehöre das massive Aktivieren von öffentlichem Bauland und die Vergabe über Qualitäts- und Konzeptverfahren statt über einen Preiswettbewerb. „Der Erfolg der Baugruppen in den ersten 2000er Jahren zeigte es: Soziale und integrative Aspekte müssen eine deutlich größere Rolle spielen, wenn der Wohnungsbau öffentliche Akzeptanz finden soll“, argumentiert Andreas Barz, Ko-Bündnissprecher und Vorstandschef der Studentendorf Genossenschaft.
Konkret fordert die Initiative deshalb, bei der Vergabe von öffentlichem Baugrund ein Scoring-Verfahren anzuwenden, bei dem beispielsweise kostengünstiges, flächeneffizientes oder experimentelles Bauen und Wohnen, soziale Kriterien wie inklusive Wohnprojekte für Geflüchtete, generationenübergreifendes oder studentisches Wohnen, das Vorhalten von Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Nachbarschaftsläden, autoarmes oder ökologisches Wohnen über einen Punktekatalog bewertet würden. Das Punktergebnis würde außerdem höher gewertet als der gebotene Preis. Zudem plädiert das Bündnis der 25 Genossenschaften für Vielfalt bei der Vergabe und schlägt deshalb vor, einzelnen Wohnungsgenossenschaften maximal zwei öffentliche Flächen zuzuschlagen.
Außerdem fordert das Bündnis junger Wohnungsgenossenschaften Eigenkapitalersatz als neues Förderinstrument. „Am wirkungsvollsten wäre es, den jungen Genossenschaften 20 Prozent der Gesamtkosten für Grundstück und Bau als verlorenen Zuschuss, also als nicht zurückzahlbare Subvention zur Verfügung zu stellen.
Als weiteres Förderinstrument für Haushalte mit geringem Einkommen empfiehlt das Bündnis, Genossenschaftsanteile auch über KfW-Darlehen zu finanzieren – damit sei vor allem den Haushalten mit geringem Einkommen wie Alleinerziehenden oder Rentnern geholfen. „Die bisherige Praxis der Bauförderung geht an deren Bedürfnissen völlig vorbei. Auch neue Instrumente wie das Baukindergeld, das seit Wochen diskutiert wird, nutzen nur denen, die ohnehin schon über Eigenkapital verfügen und diese staatliche Förderung nebenbei einkassieren – wer kein Eigenkapital mitbringt, bleibt draußen“, beklagt Barz. „Dem halten wir die Finanzierung von Genossenschaftsanteilen über die KfW entgegen, um auch Geringverdienern eine Perspektive auf dem heiß gelaufenen Wohnungsmarkt zu bieten.“
Über das Bündnis Junger Genossenschaften Berlin
Das Bündnis Junge Genossenschaften Berlin ist im Sommer 2017 ins Leben gerufen worden. Dem Bündnis gehören 25 Berliner Bau- und Wohngenossenschaften an – darunter stadtweit bekannte wie die „Bremer Höhe“ eG, die Genossenschaft Studentendorf Schlachtensee, die Möckernkiez Genossenschaft, die nach einer schweren Finanzierungsphase ihr Wohnquartier in diesem Jahr bezugsfertig stellt und Träger von international angesehenen Projekte wie dem Spreefeld im Bezirk Mitte.
Das Forderungspapier wird auf der jüngsten Baustelle der Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“ in der Weddinger Lynarstraße vorgestellt, die mit diesem Gemeinschaftswohnprojekt eine der Preisträger des Wettbewerbs für den Experimentellen Geschosswohnungsbaus in Berlin 2015 ausgezeichnet wurde.
Mitgliedsgenossenschaften
Agora baut eG | Atelierhaus-Genossenschaft-Berlin eG | Baugenossenschaft „Besser Genossenschaftlich Wohnen von 2016“ eG | Bau- und Wohnungsgenossenschaft Spreefeld eG | Forum Kreuzberg Wohngenossenschaft eG | Freiraumkooperative eG | Genossinnenschaft Schokofabrik eG | genowo Genossenschaft für Wohnprojekte eG | habitat eG | Mietergenossenschaft rs20 eG | Mietergenossenschaft SelbstBau eG | Mietergenossenschaft Unionsplatz Tiergarten eG | Möckernkiez Genossenschaft für selbstverwaltetes, soziales und ökologisches Wohnen eG | Neues Wohnen Hellersdorf eG | Selbstbaugenossenschaft Berlin eG | Selbstverwaltete Ostberliner GenossInnenschaft (S.O.G.) eG | Spastikerhilfe Berlin eG | Stadtbürgergenossenschaft
von 2010 eG | Studentendorf Schlachtensee eG | urban coop berlin eg | WiBeG – Wohnungsgenossenschaft in Berlin eG | Wiesenstraße29 eG | Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“ eG | Wohnungsbaugenossenschaft „Bremer Höhe“ eG | Wohnungsgenossenschaft Mollstraße eG
pdf-Download des Forderungspapier
Webseite und Kontakt des Bündnis Junge Genossenschaften Berlin
http://junge-genossenschaften.berlin
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