Ergebnispräsentation der Studie „Großvolumiger Wohnungsbau in Holzbauweise in Deutschland und Europa – Akteure, Kosten, Motive
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In den europäischen Ballungszentren mangelt es an Wohnraum, allein deutschlandweit fehlen etwa 1,5 Millionen Wohneinheiten (WE). Aus diesem Grund hat die Bundesregierung beschlossen, jährlich 400.000 WE zu errichten. Gleichzeitig sieht der Klimaschutzplan der Bundesregierung einen deutlichen Rückgang der Gebäudeemissionen von 209 Mio. auf 67 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten bis 2030 vor, was einer Emissionsminderung von 68 % seit 1990 entsprechen würde. Auch andere europäische Länder haben sich verpflichtet, weitreichende Klimaschutzziele umzusetzen. Vor diesem Hintergrund setzen viele der am Bau Beteiligten neben dem energieeffizienten Bauen und dem Einsatz erneuerbarer Energien zunehmend auf den nachwachsenden Baustoff Holz.
Die Baukosten-Studie zu großen Holzbausiedlungen und -quartieren in Europa (kurz Holzwohnbau-Studie), finanziert aus Mitteln des Förderprogramms ZUKUNFT BAU des Bundesbauministeriums BMWSB und angesiedelt an der Hochschule Rottenburg (HFR), recherchiert und erfasst systematisch jene Projekte in Holz- und Holzhybridbauweise, die bereits realisiert oder derzeit in Planung sind. Dabei werden die Erstellungskosten der Gebäude ebenso analysiert wie die Beweggründe der Investoren und Auftraggeber mit Holz zu bauen. Ein weiteres Ziel ist es, darstellen zu können, wie Holzbauweisen im Segment der Wohnsiedlungen und Stadtquartiere weiter etabliert werden können, um das Angebot von großvolumigen Wohnungsbauprojekten um eine umwelt- und klimafreundliche Variante zu erweitern.
Erste Ergebnisse der Untersuchung werden im Rahmen des 15. Kongress Effizientes Bauen mit Holz im urbanen Raum am 19. Oktober 2022 in Köln vorgestellt. Europaweit wurden von den Wissenschaftlern der HFR bislang 118 großvolumige Wohnungsbauprojekte mit mehr als 100 WE identifiziert, von denen sich 47 in Deutschland befinden. Endgültige Ergebnisse werden Anfang Dezember auf dem 26. Internationalen Holzbau-Forum in Innsbruck am 30. November 2022 präsentiert und zudem in einer Broschüre des Informationsdienstes Holz veröffentlicht.
Dr. Kirsten David, Wissenschaftlerin an der HafenCity Universität (HCU) Hamburg, hat eine innovative Methode zur Ermittlung von Mieterhöhungen nach energetischen Maßnahmen entwickelt: Mittels Funktionalen Kostensplittings werden Mieterhöhungen sachgerecht und nachvollziehbar. Auch die Planung der energetischen Maßnahmen wird ökologisch optimiert. Für ihre Dissertation mit dem Titel „Funktionales Kostensplitting zur Ermittlung von Mieterhöhungen nach energetischen Maßnahmen“ erhält die Wissenschaftlerin heute den „BUND-Forschungspreis 2020“. Mit dem Forschungspreis würdigt der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) wissenschaftliche Arbeiten zur nachhaltigen Entwicklung.
Mieterhöhungen aufgrund von energetischen Gebäudemodernisierungen sind rechtlich zulässig und als Investitionsanreiz politisch gewollt. Schließlich gehen etwa 35% des gesamten deutschen Energieverbrauchs laut Deutscher Energie-Agentur (dena) auf das Konto des Gebäudesektors. Eine Erhöhung der Sanierungsquote ist also aus klimapolitischer Sicht geboten.
Während jedoch die Gesetzgeber*innen davon ausgehen, dass entsprechende Maßnahmen sich zugleich wirtschaftlich und warmmietenneutral umsetzen lassen, ist die Erfahrung vieler Mieter*innen eine andere: Oftmals übersteigen die Mieterhöhungen die eingesparten Heiz- und Energiekosten um ein Vielfaches. Im Extremfall können sich Mieter*innen ihre Wohnung nicht mehr leisten. „Die energetische Gebäudesanierung hat bis heute den Ruf eines Gentrifizierungstools“, so David. Mit der von ihr entwickelten Methode zur Ermittlung sachgerechter Mieterhöhungen will die 45-jährige Wissenschaftlerin auch zu einer erhöhten gesellschaftlichen Akzeptanz entsprechender Maßnahmen beitragen.
„Grundlage der politisch erwarteten Erhöhungsbeträge ist das sogenannte Kopplungsprinzip“, erklärt die Architektin. „Es geht wie die Energieeinsparverordnung davon aus, dass energieeffizienzsteigernde Maßnahmen immer dann umgesetzt werden, wenn ohnehin eine umfassende Sanierung ansteht.“ Der Knackpunkt: Nur die Modernisierungskosten berechtigen Vermieter*innen zu Mieterhöhungen, nicht aber die Kosten für die Sanierung. Letztere müssen als „Sowieso-Kosten“ von der Gesamtinvestitionssumme abgezogen werden. Acht Prozent der verbleibenden Kosten können als Modernisierungsumlage an die Mieter*innen weitergegeben werden.
„Die aktuelle Regelung ist unzureichend. In der Praxis gibt es vielfältige Abgrenzungsprobleme zwischen mieterhöhungsrelevanten Modernisierungs- und nicht mieterhöhungsrelevanten Erhaltungskosten“, so David. Die von ihr entwickelte Methode fasst hingegen die klimarelevante Verbesserung jedes einzelnen Bauteils im Vergleich zu seinem Zustand vor der Baumaßnahme ins Auge. „Funktionales Kostensplitting entspricht somit der eigentlichen Grundidee der Gesetzgeber*innen, ist praxistauglich und ermöglicht eine sachgerechte und nachvollziehbare Zuordnung in Modernisierungs- oder Sanierungskosten“, sagt David.
Ihr Ansatz führe dazu, dass bautechnisch unsinnige Maßnahmen unterblieben, die keine klimarelevante Verbesserung der Bauteile mit sich brächten, so die Wissenschaftlerin: „Solche Maßnahmen sind mit meiner Methode nicht mieterhöhungsrelevant und damit für Vermieter*innen unwirtschaftlich.“ Darüber hinaus sorgt Ihre Berechnungsmethode dafür, dass sich die Modernisierungsumlage in der Regel tatsächlich dem Niveau der Nebenkosteneinsparung annähert. Dass mit dem BUND-Forschungspreis der Nachhaltigkeitsaspekt ihrer Arbeit gewürdigt wird, freut die Preisträgerin daher besonders: „Mietwohnbestände lassen sich nur nachhaltig entwickeln, wenn ökologische, ökonomische und soziale Aspekte gleichbedeutend berücksichtigt werden. Funktionales Kostensplitting leistet dazu einen wesentlichen Beitrag.“
Der BUND-Forschungspreis wird dieses Jahr im Rahmen einer virtuellen Konferenz verliehen. Unter anderem diskutiert Keynote-Speaker und Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker mit den insgesamt drei Preisträger*innen, wie die Wissenschaft mehr Relevanz und Wirksamkeit für Nachhaltigkeitsziele entwickeln kann. Der Transfer in die Praxis ist auch David ein wichtiges Anliegen. Ihr nächstes Ziel ist es, das Funktionale Kostensplitting zu einem auch für Laien verständlichen Instrument weiterzuentwickeln – am liebsten als Online-Tool.
Zur Person:
Kirsten David ist Gastwissenschaftlerin an der HCU in den Fachgebieten „Entwurf und Analyse von Tragwerken“ bei Prof. Dr.-Ing. Annette Bögle und „Bauökonomie“ bei Prof. Dipl.-Ing. Reinhold Johrendt sowie Lehrbeauftragte in den fachübergreifenden Studienangeboten. Ihre Doktorarbeit wurde von Prof. Dipl.-Ing. Reinhold Johrendt und Prof. Dr.-Ing. Thomas Krüger, (Fachgebiet „Projektmanagement und Projektentwicklung in der Stadtplanung“) betreut und ist frei verfügbar: https://edoc.sub.uni-hamburg.de//hcu/volltexte/2019/508/.
Die sechs 72 Quadratmeter großen Wohnungen des GBB Plusenergiehauses am Südring sind für Mieter vorgesehen, die über einen Wohnberechtigungsschein verfügen. Die Nachfrage war groß. Schon vor Fertigstellung waren alle der ab Mai 2015 bezugsbereiten Wohnungen vergeben.
Dass nun auch Mieter im sozialen Wohnungsbau vom Plusenergie-Niveau und damit von niedrigen Energiekosten profitieren können, ist ein weiterer wichtiger Schritt.
Projektbeteiligte: Gesellschaft für Bauen und Wohnen Bottrop mbH (GBB); Architekturbüro Strelzig und Klump, Energiekonzept durch Ingenieurbüro Jung
Im Team mit den Architekten Dietrich|Untertrifaller, hat das Büro Ramboll Studio Dreiseitl die Mehrfachbeauftragung der Freiburger Stadtbau GmbH für das Quartier Metzgergrün gewonnen. Die Siedlung soll sich in den kommenden zehn Jahren deutlich verändern und zu einem zeitgemäßen Quartier mit ca. 500 Wohnungen entwickeln, ohne seinen ursprünglichen Charakter zu verlieren. Die Jury lobte den Entwurf folgendermaßen: „Diese städtebauliche Komposition aus Wohnhöfen, sozialräumlicher Mitte, hochwertigen und differenziert nutzbaren Freiräumen, neuen Vernetzungen und richtigen Wegeverbindungen hat das Potenzial, ein modellhaftes und zukunftsweisendes Quartier entstehen zu lassen.“
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