Große Koalition bricht ihr Klimaschutzversprechen: Ambitionierte Ausbauziele für Erneuerbare Energien fehlen auch in neuen EEG-Beschlüssen
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Berlin, 24.6.2021: Zur heutigen Beratung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Bundestag kommentiert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH):
„Die Große Koalition bricht ihr Versprechen, noch in dieser Wahlperiode höhere Ausbauziele für die Erneuerbaren Energien für das Jahr 2030 festzulegen. Eine Einigung scheiterte vor allem an den Energiewendebremsern innerhalb der Unionsfraktion. Damit ignoriert die Bundesregierung die Umsetzung der neuen EU-Klimaziele und missachtet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, schon vor 2030 ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen anzugehen. Der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes fehlt das Herzstück. Noch Ende 2020 hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier für das erste Quartal 2021 einen ambitionierten Ausbaupfad für Wind- und Solarenergie angekündigt. Nach langem Warten gab es lediglich den berühmten Tropfen auf den heißen Stein: Vier Gigawatt Windenergie an Land und sechs Gigawatt Photovoltaik sind die Ziele für das Jahr 2022. Längerfristige Ausbauziele? Fehlanzeige. Ganz offensichtlich ist die Notwendigkeit einer schnellen Transformation unserer Energieversorgung bei der Union trotz all ihrer Klimaschutzbekenntnisse im Wahlkampf noch nicht angekommen.“
Der steigende Strombedarf durch elektrische Wärmepumpen und die Elektromobilität macht einen Ausbau von mindestens sechs Gigawatt Windenergie an Land und mindestens zehn Gigawatt Photovoltaik notwendig – und das jährlich bis 2030. Die finanzielle Beteiligung von Kommunen an Freiflächen-Photovoltaik und ein erleichtertes Repowering von Windenergieanlagen sind dagegen grundsätzlich positive Maßnahmen.
Wissenschaftliche Szenarien zur Klimaneutralität stützen Strategie und Planung von Unternehmen auf dem Weg der Dekarbonisierung – Am Beispiel Gebäude und Heizung analysieren Klima-Ökonom*innen am DIW Berlin vorliegende Szenarien zur Klimaneutralität – Net-Zero-Szenarien zeigen klaren Pfad für die Transformation von Unternehmen und Finanzwirtschaft – Mit standardisierten Szenarien und Transitionsplänen zur Klimaneutralität können Banken, Fonds und Versicherungen ihre Portfolios zukunftsfähig gestalten
Szenarioanalysen zum klimaneutralen Umbau der Wirtschaft stärken die strategische unternehmerische Ausrichtung auf dem Weg zur Klimaneutralität. Dabei unterstützen vor allem wissenschaftliche Szenarien und standardisierte Berichte die Unternehmen, das eigene Geschäftsmodell in Einklang mit dem Pfad zur Klimaneutralität zu bringen und darüber transparent zu berichten. Diese vorausschauenden Informationen helfen auch der Finanzwirtschaft. Banken, Fonds und andere Finanzinstitutionen können mit standardisierten Szenarioanalysen und Berichten zur Klimaneutralität Risiken der Transformation rechtzeitig erkennen. Daher können sie das eigene Portfolio resilient und klimaneutral gestalten sowie frühzeitig in Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität investieren, zeigt eine Studie von Klima-Ökonom*innen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Szenarien sind für Unternehmen ein wissenschaftlicher Ausgangspunkt, um Transformationshebel zu identifizieren und damit ihre Emissionen möglichst schnell zu reduzieren“, sagt Fernanda Ballesteros, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Klimapolitik am DIW Berlin.
Net-Zero-Szenarien zeigen klaren Pfad für Unternehmen mit Gebäudeportfolio
Ballesteros hat mit Karsten Neuhoff, Leiter DIW-Klimapolitik, und weiteren Wissenschaftler*innen acht Studien zur möglichen Klimaneutralität von so unterschiedlichen Institutionen wie Umweltbundesamt, Bundesverband der Deutschen Industrie oder Agora Energiewende im Zusammenhang analysiert. Am Beispiel von Unternehmen mit Gebäudeportfolio haben sie herausgearbeitet, was die Szenarien für die unternehmerische Strategie auf dem Weg zur Klimaneutralität bedeuten.
„Wenn das Ziel der Klimaneutralität ins Jahr 2035 vorgezogen wird, muss die Berichterstattung zu einem daraus entstehenden Stresstest-Szenario mit dem Kernszenario vergleichbar sein.“ Karsten Neuhoff
„Die jährliche Sanierungsrate steigt in den Szenarien bis 2045 von derzeit circa ein Prozent auf mindestens 1,5 bis zwei Prozent beziehungsweise deutlich über zwei Prozent“, schreiben die Autor*innen der DIW-Studie. „Der Anteil der Technologien auf Basis der erneuerbaren Energien erreicht 2030 bereits 46 bis 55 Prozent und steigt bis 2045 auf 94 bis 100 Prozent an, wobei Wärmepumpen mit rund 50 Prozent die dominierende Technik sind“, ergibt die Analyse der wissenschaftlichen Studien. Nach den Wärmepumpen folgt die Fernwärme in den Szenarien mit einem Anteil von etwa 20 bis 30 Prozent als zentrale Technologie. „Die Net-Zero-Szenarien zeigen einen klaren Pfad“, sagt Ballesteros. „Ein Unternehmen mit Gebäudeportfolio kann anhand der Szenarien sehen, was es im Gebäudebereich umsetzen muss, um die Emissionen zu reduzieren und klimaneutral zu werden.“
Standards für vergleichbare Berichterstattung stärken die Finanzwirtschaft
Entscheidend für den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft ist, dass Unternehmen die Transformation mit vergleichbaren Indikatoren zur Transition dokumentieren. „Mit standardisierten Szenarien und einheitlicher Berichterstattung können Unternehmen auch Abweichungen von Net-Zero-Szenarien aufzeigen und erklären“, sagt Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik am DIW Berlin. „Damit werden auch neue Techniken und innovative Strategien unterstützt, weshalb die Bundesregierung sich auch international für eine Vereinheitlichung von vorausschauenden Berichtsstandards und Szenarienrahmen einsetzen sollte.“ Damit auch die Finanzwirtschaft diese Informationen für Analysen nutzen kann, bedarf es der vergleichbaren Berichterstattung zu dem Kernszenario eines Unternehmens im aktuellen politischen Umfeld, also zum Beispiel Klimaneutralität 2045. Allerdings sollte der Transitionsplan eines Unternehmens auch resilient gegenüber Veränderungen in der Klimapolitik sein. Neuhoff: „Wenn das Ziel der Klimaneutralität ins Jahr 2035 vorgezogen wird, muss die Berichterstattung zu einem daraus entstehenden Stresstest-Szenario mit dem Kernszenario vergleichbar sein.“
Hintergrund: EU und G20 verhandeln über Standards für vorausschauende Klimaberichterstattung
Im Klimaschutzgesetz hat sich Deutschland verpflichtet, schrittweise bis 2045 die Klimaneutralität zu erreichen. Unternehmen aus Industrie und Dienstleistung müssen daher ihre Produktion und Geschäftspraktiken umstellen, Finanzinstitutionen ihre Bewertungskriterien anpassen. Das bedarf in vielen Fällen einer neuen strategischen Ausrichtung und Investitionen in klimaneutrale Produkte, Geschäftsmodelle und Produktionstechniken. Dafür benötigen Unternehmen Kapital und die Unterstützung aus der Finanzwirtschaft, der eine zentrale Rolle bei der Erreichung von Klimazielen zukommt.
Damit Investor*innen, Organisationen der Zivilgesellschaft und Behörden den Investitionsbedarf, Fortschritt und mögliche Risiken von Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität erfassen können, wird von Unternehmen eine vorausschauende Berichterstattung erwartet, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und standardisierten Verfahren basiert. Die Wissenschaft arbeitet mit Szenarien, die auch Industrie- und Dienstleistungsunternehmen sowie Banken, Fonds und Versicherungen vergleichbare Informationen über den Übergang zu einem klimaneutralen Geschäftsmodell und daraus resultierende Risiken vermitteln. Mithilfe der Szenarien können Unternehmen die Transitionsrisiken und Chancen ihrer Investitionsentscheidungen berücksichtigen. Der Finanzwirtschaft ermöglichen die Szenarien das Portfolio schrittweise zu dekarbonisieren und unternehmensspezifische Transitionsrisiken und -chancen im Risikomanagement abzubilden.
Internationale Rahmenwerke zur Klimaberichterstattung legen bereits den Grundstein für einen gemeinsamen Szenarienrahmen und Standards für die vorausschauende Berichterstattung auf dem Weg zur Klimaneutralität. So etwa die Rahmenwerke der internationalen Taskforce on Climate-Related Financial Disclosures der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) und der EU sowie der Transitionsplan-Taskforce der britischen Regierung. Weitere relevante Prozesse sind die Verhandlungen über die geplanten Offenlegungspflichten des EU-Regulierungsvorschlags CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) sowie der weltweiten Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards des ISSB (International Sustainability Standards Board).
Berlin, 22. Oktober 2018: Gemeinsam pilotieren Vattenfall Energy Solutions, die Gewobag und das Energiespeicher-Start-up Lumenion am Bottroper Weg in Berlin-Tegel einen neuartigen sektorenkoppelnden Stahlspeicher, der regionale Erzeugungsspitzen aus Wind- und Sonnenenergie netzdienlich aufnimmt und die erneuerbare Energie später bedarfsgerecht als Wärme und Strom bereitstellt.
„Mit diesem Pilotprojekt wollen wir die besondere technische und wirtschaftliche Eignung von thermischen Speichern zur effektiven Nutzung großer Mengen von Wind- und Sonnenenergie ganz praktisch demonstrieren“, so Alexander Voigt, Gründer und Geschäftsführer von Lumenion. „Unser Team beschäftigt sich zum Teil seit über 30 Jahren mit erneuerbaren Energien und über zehn Jahren mit Energiespeichern. Aus dieser Erfahrung haben wir uns ganz bewusst für als Stahl als Speichermedium für die gerade beginnende zweite Phase der Energiewende entschieden.“
Der Lumenion Stahlspeicher speichert “Stromspitzen” für weniger als 2 Cent/KWh kosten- und platzeffizient mit bis zu 650° Celsius als Wärme, die bei Bedarf mittels Turbinen-Einheit rückverstromt – oder zur Gänze als Wärme genutzt werden kann. Als Mitgründer von, unter anderem, Solon, Q-Cells und Younicos hat Voigt schon seit den 90er Jahren Solarmodule und Speicher erfolgreich in den Markt eingeführt.
Hanno Balzer, Geschäftsführer der Vattenfall Energy Solutions GmbH: „Dezentrale Anlagen und Energiespeicher sind Schlüsselfaktoren der Energiewende; Wärme ist eine besonders kostengünstige Form der Speicherung. Wenn dann die gespeicherte Energie nicht nur als Wärme, sondern auch in Form von Strom genutzt werden kann, ist das ein Meilenstein. Dem kommen wir mit dem Hochtemperaturspeicher ein großes Stück näher!“
Karsten Mitzinger von der Gewobag Energie- und Dienstleistungsgesellschaft ergänzt: „Die Energiewende gelingt nur dezentral und partnerschaftlich. Als Wohnungswirtschaft leisten wir in unseren Quartieren unseren Beitrag zum Klimaschutz. Wir freuen uns mit diesem Projekt die gute Zusammenarbeit zwischen Energieversorgungsunternehmen, städtischer Wohnungsbaugesellschaft und innovativem Start-up zeigen zu können. Nur zusammen können wir die großen Herausforderungen der Energiewende meistern.“
Im Tegler Pilotprojekt wird ein 2,4 Megawattstunden (MWh) Speicherblock für den kommerziellen Einsatz erprobt und in den regelmäßigen Betrieb überführt. Dazu wird die Einheit mit einem bestehenden gasbetriebenen BHKW der Vattenfall Energy Solutions in die Quartierstrom- und Nahwärmeversorgung eines 70er Jahre Geschosswohnungsbaus der Gewobag integriert. Der Speicher wird temporär nicht benötigte Stromspitzen aufnehmen und später bei Bedarf in die Wärmeversorgung einspeisen. In einem zweiten Schritt ist zudem eine Rückverstromung geplant.
Parallel zum Bau des Pilotprojekts erprobt Lumenion einen 450 kWh großen Prototyp auf dem Campus der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Oberschöneweide. Der HTW unterstützt mit praktischer Begleitforschung Lumenion bei der Entwicklung, Erprobung und Validierung von Daten, sowie in der Reglung und Betriebsführung des innovativen Speichers.
In weiteren Projekten sollen als nächste Meilensteine Lumenion-Speicher mit 40 MWh und sogar 1.400 MWh entstehen. Diese Giga-Speicher können bestehende wie neu zugebaute große Mengen an erneuerbarer Stromerzeugung aus Wind und Sonne besonders günstig, effizient und bedarfsgerecht in die bestehenden Netze integrieren und ermöglichen so eine deutliche Beschleunigung der Energiewende.
Die Ausschreibung „Stadt der Zukunft – Auf dem Weg zu Plus-Energie-Quartieren” baut auf bisherige Erfahrungen aus dem Forschungsprogramm spezifische Schwerpunkte und F&E-Dienstleistungen auf. Einreichen können alle AkteurInnen, die sich mit Forschungs- und Entwicklungsfragen im Zusammenhang mit Gebäuden, Quartieren und Städten befassen und die sich den neuen Herausforderungen der Digitalisierung im Bauwesen, der Realisierung von Plus-Energie-Quartieren und der Entwicklung innovativer Stadtbegrünungstechnologien stellen wollen.
Im Rahmen von „Stadt der Zukunft“ stehen für die 7. Ausschreibung rund € 8,3 Millionen zur Verfügung. Die Ausschreibung läuft bis 30.01.2020.
Die Leitthemen der „Stadt der Zukunft“ sind:
Nachhaltiges Energiesystem
Reduktion der Klimawirkung
Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit
Faktoren wie lebenswerte Stadt, attraktiver Wirtschaftsstandort oder Grünraumgestaltung sind jedoch ebenfalls zu berücksichtigen.
Die Förderungen gliedern sich in 3 Ausschreibungsschwerpunkten mit folgenden Subthemen:
Ausschreibungsschwerpunkt 1 – Digitales Planen, Bauen und Betreiben
1.1 Digitales Planungs-, Bauprozess- und Betriebsmanagement
1.2 Digitales (Bau-)Datenmanagement und Datenerfassung
1.3 Intelligente Technologien und Nutzungsszenarien
1.4 Innovationslabor „Digitales Planen, Bauen und Betreiben“
Ausschreibungsschwerpunkt 2 – Auf dem Weg zum Plus-Energie-Quartier
2.1 Technologieentwicklungen auf dem Weg zum Plus-Energie-Quartier
2.2 Systemintegration und -kombination auf dem Weg zum Plus-Energie-Quartier
2.3 Demonstrationsgebäude und Demonstrationsquartiere
2.4 Innovationslabor „Forcierung von Interoperabilität im smarten Energiesystem“
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