Am 12. Dezember 2015 haben sich die Klimaverhandlungsparteien in Paris darauf geeinigt, dass die Erderwärmung auf maximal 1,5 bis 2 Grad Celsius begrenzt werden soll. Dieses wurde mit einer derartigen Zuversicht präsentiert, dass man beinahe vergessen könnte, dass die Erdatmosphäre keinen Thermostat hat. Niemand kann versichern, schon gar nicht anhand eines Beschlusses, dass dieses Ziel eingehalten wird: schon liegen die CO²-Konzentration von 400 Teile pro Million (ppm) signifikant höher, als die 280 ppm als Voraussetzung einer Klimastabilität. Methanemissionen, die durch Permafrostschmelzen und Moorlandzerstörung freigesetzt werden, verstärken noch die Abgasflut aus Kohle, Gas und Öl. Das Ziel einer Erwärmungsbegrenzung von 1,5 Grad Celsius ist ohne tatsächliches und sofortiges Zurückfahren der Emissionen nicht erreichbar. Die aktuellen Zusagen der Klimaparteien können demgegenüber jedoch auch 2, 4 oder gar 5 Grad zulassen.
Soweit der kritische Paris-Befund. Auf der positiven Seite: dies war die erste COP, in der den Erneuerbaren Energien (EE) ein klares und starkes Mandat gegeben wurde. So wurde den Initiativen, 100%-EE-Bewegungen und Programmen der Entwicklungsländer zur Nutzung Erneuerbarer Energien endlich ebenso Respekt gezollt wie den Inselstaaten, die bisher nur marginal gehört wurden. Viel Signifikantes wurde sonst allerdings nicht beschlossen – wenn man dies positiv betrachten will, war es ein historischer Konsens beinahe aller Nationen, und ein impliziter Konsens um den Ausbau Erneuerbarer Energien einzuleiten. Weltweite und schon heute massive Investitionen haben gerade erst begonnen und können sich nun nur noch verstärken. Tausende von Gemeinden, Banken, Firmen, Stiftungen und Millionen Menschen haben dies erkannt. Die installierte Kapazität der Photovoltaik allein hat sich in in den letzten 10 Jahren verfünfzigfacht. Das Signal an die Länder der Welt, aber auch an Berlin und an alle anderen nationalen Entscheidungsträger: der sofortige, uneingeschränkte Umstieg auf Erneuerbare Energien darf nicht weiter hinausgezögert werden – die Vertragsparteien dürfen die Bewegung zum 100%-EE-Ziel nicht länger bremsen. (*)
Das ´Wunder von Paris´ ist damit im besten Fall die Einsicht, dass die Zeit der Klimaverhandlungen vorbei und die Zeit der nationalen Handlungen gefordert ist.
Das Pariser Abkommen ist nur als Leistung der internationalen Diplomatie, des Prozessmanagement und des Nachhaltigkeitsmarketing zu feiern. Sonst alles beim Alten zu lassen, würde bedeuten, es als Scheinabkommen zu akzeptieren. Es würde zulassen, dass die nominell vereinbarten Ziele mit tatsächlichen Maßnahmen verwechselt werden.
Fossile Energien werden durch die Verträge in keiner Weise konkret limitiert. (**) Ihr Einfluss ist besonders offensichtlich in Deutschland, wo die Regierung das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) deformiert und damit die Energiewende gedrosselt hat. Der Ausbau der Solar- und Windenergie soll nun durch ein planwirtschaftlich anmutendes Vergabesystem massiv ausgebremst werden. Die Bioenergie und Zehntausende von Arbeitsplätzen in der Solarwirtschaft wurden bereits geopfert.
Der Umstieg auf Erneuerbare Energien ist ein lokaler und regionaler Prozess der Innovation, der durch nationale Gesetzgebung zu ermöglichen ist, aber im Wesentlichen dezentral stattfinden muss. Grundlage hierfür ist eine Neue Energiemarktordnung, welche die Konvergenz der Energiemärkte herbeiführt und die strukturelle ökonomische Benachteiligung der Erneuerbaren beendet. Die klare Nachricht und das Eingeständnis aus Paris ist: kein Weltklimabkommen kann die notwendige länderspezifische und regionale Umsetzung der Energiewende ersetzen. Unsere Aufgabe bleibt daher die Forderung nach einer weltweiten Energieversorgung mit 100% Erneuerbare Energie, diese ist heute wichtiger und dringender als je zuvor.
Professor Peter Droege
President, EUROSOLAR
General Chairman, WCRE
*) Der einizge Hinweis auf das zentrale Thema Energie findet nur in einer Stelle statt, wo auf Erneuerbare Energien Bezug genommen wird – im Zusammenhang mit der ´Notwendigkeit des universellem Zugangs zu nachhaltiger Energieversorgung in Entwicklungsländern durch erneuerbare Energien, insbesondere in Afrika.´ Die Bedeutung der Förderung Erneuerbarer Energien durch das von Hermann Scheer (EUROSOLAR, SPD), Hans-Josef Fell (Grüne), Hermann Fellner (CSU) im Jahre 2000 durchgesetzte deutsche Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), das ähnlichen Gesetzen in sehr vielen anderen Ländern Vorbild war und zum Durchbruch der Erneuerbaren geführt haben, wird jedoch in den Vertragsdokumenten nicht genannt.
**) Im Gegenteil ermöglicht der Pariser Klimavertrag ein Fortbestehen der fossilen Wirtschaft bis zum Ende des Jahrhunderts, ja sogar einen weiteren Ausbau fossiler Kraftwerke. Fest eingeplant in manchen teilnehmenden Staaten – wenn auch nicht im abschliessenden Dokument verankert – sind dabei dystopische Hochrisikotechnologien wie Carbon Capture and Storage (CCS). Ebenfalls vielerorts fest eingeplant – auch gar noch in vielen ´wissenschaftlichen´ Köpfen – ist ein massiver Ausbau der Atomenergie samt Unfallgefahren und den grundsätzlich nicht verantwortbar lösbaren Atommüllproblemen. Sogar die Irrwege der Kernfusionsanhänger werden weiter mit anwachsenden Budgets belohnt. Hier haben offensichtlich die multinationalen Atom-, Kohle- und Ölkonzerne ihren Einfluss auf Regierungen geltend gemacht.
Quelle: Stellungnahme von Eurosolar vom 18.12.2015
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